„Wolfcoz-Evangelistar“
Es gehört zu den prächtigsten und kostbarsten Handschriften der Stiftsbibliothek in St. Gallen: das „Wolfcoz-Evangelistar“
Die Stiftsbibliothek St. Gallen nimmt unter den europäischen Bibliotheken einen Spitzenplatz ein. Sie ist die älteste und berühmteste Bibliothek der Schweiz und hat sich zu einem wahren Tourismusmagneten entwickelt. 1983 wurde der Stiftsbezirk in St. Gallen, wegen seiner außerordentlichen Bedeutung für die Menschheit, zum UNESCO-Welterbe erhoben. Hier vereinigen sich die Sammlung und der historische Bibliotheksraum zu einem einzigartigen Ensemble und Heimstätte herausragender Werke der Literatur und Buchmalerei. Das „Wolfcoz-Evangelistar“ ist eines dieser Kunstschätze von Weltrang.
Evangelistare sind liturgische Bücher christlicher Kirchen, die wichtige Texte aus den vier Evangelien des Neuen Testaments enthalten und für die Lesungen an den Feier- und Sonntagen verwendet wurden. Sie gehören zu den kostbarsten Werken der Romanik.
Entgegen früherer Zuschreibungen belegen die aktuellen Forschungsergebnisse den Ursprung des „Wolfcoz-Evangelistar“ im Skriptorium der Klosterinsel Reichenau. Dieses Meisterwerk des 9. Jahrhunderts wurde unter der Federführung des Bibliothekars Reginbert angefertigt. Es besitzt ein kunstvolles Flechtwerk das Gold, Silber und die Farbe Rot in beeindruckender Art und Weise verwebt und ihm so ein faszinierendes Erscheinungsbild verleiht.
Lange wurde es dem in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts lebende Schreiber Wolfcoz zugeschrieben, einem der wichtigsten Schreiber im Skriptorium der Abtei St. Gallen. Dieser Umstand war auch namensgebend. Als „Cod. Sang 367“ bezeichnet, gehört diese 34,5 x 22,5 cm große Prachthandschrift zu den berühmtesten Werken seiner Epoche.
Durch seine 82 Perikopen und die in ihm enthaltene mittelalterliche Liturgie- und Kunstgeschichte wurde es zu einem herausragenden Zeugnis benediktinischem Kunsthandwerks. Als eines der Spitzenexponate der Großen Landesausstellung „Welterbe des Mittelalters – 1300 Jahre Klosterinsel Reichenau“, wird es die Besucher in seinen Bann ziehen