Petershausener Sakramentar

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Petershausener Sakramentar

Kunstwerk von überirdischer Schönheit

Unter der Herrschaft der ottonischen Könige und Kaiser (919–1024) schufen ihre Klöster in monatelanger Handarbeit einzigartige Kunstwerke aus Pergament, Holz, Gold, Silber, Tinte, Pigmenten und Farben. Die Klosterschreibstuben arbeiteten mit den wertvollsten Materialien, erfahrenen Übersetzern, die oft mehr als drei Sprachen beherrschten und hochqualifizierten Schreibern. Diese Klöster wurden von den ottonischen Herrschern, Bischöfen und Mäzenen, mit Blick auf ihre eigene Memoria, besonders gefördert.

Zu den prächtigsten Handschriften dieser Epoche zählen die berühmten Werke der Reichenauer Buchmalerei. Das auf der Bodenseeinsel Reichenau gelegene Benediktinerkloster war zu dieser Zeit eines der wichtigsten kulturellen Zentren Europas. Seine Klosterschreibstube schuf Kunstschätze von Schönheit und Ästhetik, welche die ottonische Kunst maßgeblich prägten. Der prachtvolle Stil der ottonischen Buchmalerei war der Ausdruck eines neu erwachten Glaubens. Dabei war die Verwendung glänzender Goldgründe, wie im byzantinischen Stil, ein zentrales Stilmittel für die Buchmalerei, um die christliche Heilsgeschichte besonders hervorzuheben.

Poliertes Gold, leuchtende Farben, kostbare Pigmente und Buchmalerei in höchster Vollendung schmücken eines der eindrucksvollsten Werke des Reichenauer Skriptoriums: das Petershausener Sakramentar.

Dieses beeindruckende Zeugnis der Prachtentfaltung ottonischer Buchmalerei entstand um 980 und wurde für den liturgischen Gebrauch angefertigt. Ab dem 12. Jahrhundert ist es in dem benediktinischen Reichskloster Petershausen nachweisbar. Davor war es auf der Reichenau. Eine zentrale Figur der Prachthandschrift bildet die thronende, mit kaiserlichen Insignien ausgestattete Maria Ecclesia. Sie zeigt den großen Einfluss byzantinischer Kunst unter Kaiserin Theophanu.

Das Sakramentar enthält alle zentralen Texte, die in der Liturgie, für die feierlichen Messen im Jahreskreis sowie die Morgen- und Abendgebete relevant waren. Es sind neben den von Priestern gesungenen und gesprochenen Gebeten das Benediktionale, das Liber sacramentorum de circulo anni, die Totenmesse, zudem das Exultet, einer der wichtigsten Texte, der als gesungenes Osterlob zur Lichtfeier am Beginn der Osternacht erklang.

Das Petershausener Sakramentar ist 24 × 18,5 cm groß und besteht aus 266 Blättern. Es bewahrt 152 Zierinitialen, zwei ganzseitige gegenüberstehende Miniaturen und zwölf Zierseiten. Acht Zierseiten schließen sich unmittelbar an die Miniaturen an. Für den Text auf Purpur oder blauem Untergrund wurden Gold- oder Silbertinten benutzt, um ein kostbares Meisterwerk zu schaffen, dessen „Maria Ecclesia“ als Titelmotiv europaweit für die Große Landesausstellung in Konstanz wirbt.

Infobox

Das Archäologische Landesmuseum Baden-Württemberg in Konstanz und die Insel Reichenau sind vom 20. April bis 20. Oktober 2024 die Schauplätze der Großen Landesausstellung „Welterbe des Mittelalters – 1300 Jahre Klosterinsel Reichenau“, die vom Badischen Landesmuseum ausgerichtet wird. Die Hauptwerke der Reichenauer Handschriften wurden 2003 als „kulturgeschichtlich einzigartige Dokumente, die exemplarisch das kollektive Gedächtnis der Menschheit repräsentieren“ zum UNESCO-Weltdokumentenerbe ernannt. Anlässlich des Jubiläums „1300 Jahre Klosterinsel Reichenau“ führt das Badische Landesmuseum diese einmaligen und kostbaren Kunstwerke erstmals seit Jahrzehnten in diesem Umfang wieder am Bodensee zusammen. In einer der spektakulärsten Sonderausstellungen Europas entsteht am Benediktinerplatz in Konstanz eine beispiellose Schatzkammer der Kultur- und Zeitgeschichte.

Weitere Informationen unter: www.ausstellung-reichenau.de


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