„Cod. Karlsruhe 504“ – benediktinisches Wissen kompakt
Er wurde 1008 von Kaiser Heinrich II. zum Abt des Klosters Reichenau ernannt und galt für viele Zeitgenossen als einer der wichtigsten Äbte des Kloster Reichenau. 1013 konnte er das Kaiserpaar Heinrich II. und Kunigunde zu ihrer Kaiserkrönung nach Rom begleiten. Unter seiner Leitung erlebte das Kloster mit seinem benediktinischen Netzwerk eine wissenschaftliche und wirtschaftliche Blüte: Abt Bern von Reichenau.
Er stammt aus der bedeutenden Dynastie der Grafen von Althausen-Veringen. Als einflussreicher Universalgelehrter war er maßgeblich daran beteiligt, das bis dahin nur in arabischer Alphabetschrift vorhandene Wissen der Mathematik und Astronomie zu übertragen und anzuwenden. Trotz seiner körperlichen Behinderung schuf er herausragende Werke auf den Gebieten der Geschichtsschreibung, geistlichen Dichtung, Musik und Arithmetik. Von ihm stammt der astronomische Begriff Almukantarat. Noch heute zählt er, der von den Chronisten als „Wunder des Jahrhunderts“ bezeichnet wurde, zu den einflussreichsten klösterlichen Gelehrten des Mittelalters: Hermann der Lahme
Für „Hermannus Contractus“, wie man Hermann den Lahmen nannte, war Abt Bern Lehrer und Förderer zugleich. Unter beider Federführung entstanden im Skriptorium des Klosters Reichenau einzigartige Musikhandschriften, Kompositionen und wissenschaftliche Abhandlungen.
Einige dieser Texte, Abschriften und Abhandlungen, formen das Herzstück der heute als „Cod. Karlsruhe 504“ bezeichneten Handschrift, die in der Badischen Landesbibliothek zu Karlsruhe aufbewahrt wird. Berns „Prologus in tonarium“ bildet ebenso wie die Analen des Kloster Michaelsberg, die wissenschaftlichen Texte und Zeichnungen von Hermann und Auszüge von Guido von Arezzos Abhandlung über die Regeln der musikalischen Kunst den Kern dieses Sammelwerkes.
Diese besondere Handschrift war Teil der berühmten Bibliothek des Klosters Michaelsberg zu Bamberg. Kaiser Heinrich II. stiftete 1007 das Bistum Bamberg und setze seinen Kanzler Eberhard von Abenberg als Bischof ein. Die Bibliothek des 1015 gegründeten Benediktinerkloster St. Michael wurde durch das Kaiserpaar Heinrich II. und Kunigunde mit wertvollen Handschriften, Evangelien und wissenschaftlichen Werken ausgestattet. Sie stammten aus den berühmten Skriptorien ihres ottonischen Kaiserreichs und gaben dieser Klosterbibliothek seine große Bedeutung im Reich. Der „Cod. Karlsruhe 504“ sorgte zudem für einen wichtigen Wissenstransfer zwischen dem Bodenseeraum und der neuen Kaisermetropole Bamberg.